Herzog Karl Alexander von Württemberg
Herzog Karl Alexander von Württemberg. Unbekannter Maler. © Stadtarchiv Stuttgart (https://www.stadtlexikon-stuttgart.de/dts/?id=2e1a5b03-8abe-47b1-9d01-bdbca66d6a82)

Wer war Herzog Carl Alexander?

Als Herzog Karl Alexander im Dezember 1733 nach Stuttgart kam, war er ein Fremder: zwar 1684 in Stuttgart geboren, aber bereits ab dem zwölften Lebensjahr im kaiserlichen Militärdienst. Viele Jahre kämpfte er für das österreichische Kaiserreich und konvertierte 1712 – zum Verdruss des evangelischen Württemberg – auch noch zum katholischen Glauben. Nach militärischen Erfolgen im Spanischen Erbfolgekrieg sowie in den Feldzügen gegen die Türken wurde er Statthalter in Belgrad und baute die kaiserliche Provinz Serbien auf.

Als jedoch sein Cousin Eberhard Ludwig, Herzog von Württemberg, starb, hatte er die Regierung zu übernehmen. Der neue Herzog verlegte sogleich Sitz und Regierung wieder von Ludwigsburg nach Stuttgart. Obwohl katholisch, wurde er vom Württembergischen Volk mit Jubel empfangen. Doch durfte der Herzog seine Religion nur im Privaten ausüben und musste sämtliche kirchlichen Kompetenzen abtreten. Verantwortlich dafür waren die Landstände, Vertreter einflussreicher Familien und Klerikale, die über Mitspracherechte und öffentliche Einnahmequellen verfügten – sehr zum Missfallen des Herzogs. Dieser nämlich beanspruchte, alle Macht und Mittel auf sich zu vereinen – ganz im absolutistischen Geist seiner Zeit.

Trotz des Widerstands der Landstände, stieß Karl Alexander etliche Reformen an. Für seine ehrgeizigen Pläne und die repräsentative Hofhaltung benötigte er einen gewieften Finanzexperten, der ihm das nötige Geld herbeischaffen konnte. Diesen fand er in der Person des Joseph Süd Oppenheimer. Doch schon nach dreieinhalb Jahren seiner Regentschaft starb Karl Alexander. Er konnte seine Reformen, zu denen auch die konfessionelle Gleichberechtigung zählte, nicht mehr umsetzen. Was er bereits erreicht hatte, nahmen die württembergischen Landstände wieder zurück.

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Die Landstände als politischer Widersacher

Württemberg war ein dualistischer Ständestaat. Die Landstände besaßen politisches Mitspracherecht. Diese einflussreiche Bevölkerungsgruppe bestand aus einer städtischen Oberschicht, die sich etwa durch ihre Berufe oder durch Reichtum von anderen Schichten abhob, aus Ritterschaften und Prälaten. Sie nötigten den katholischen Herzog, bei seinem Amtsantritt die sogenannten Religionsreversalien zu unterzeichnen. Das bedeutete zunächst, dass er jedwedem Versuch, Württemberg zu katholisieren, abschwören musste. Es bedeutete zudem, dass die Landstände wichtige Ämter und Schlüsselpositionen besetzen konnten und vor allem, dass der Herzog keinen Zugriff hatte auf die Einnahmen aus Kirchengut. So trachtete er während seiner Herrschaft danach, die gewährten Privilegien rückgängig zu machen.

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Die Staatskasse als Machtinstrument des Herzogs

Um seine absolutistische Politik durchzusetzen, benötigte Karl Alexander neue Geldquellen, die Staatskasse gab nicht genug her. Er wollte ein kriegstaugliches Heer, eine standesgemäße Hofhaltung und nebenbei noch seinem persönlichen Faible frönen: Juwelen zu sammeln. Der Herzog hatte auch eine klare Vorstellung davon, wie langfristig Geld zu generieren sei. Gewerbe und Handel sollten gefördert, Manufakturen errichtet und die Infrastruktur verbessert werden. Auf diese Weise sollte auch den Untertanen Brot und Arbeit verschafft werden.
Dafür brauchte es einen bestens vernetzten Finanzexperten, und den hatte er bereits einige Jahre vor seiner Regentschaft kennen und schätzen gelernt: Joseph Süß Oppenheimer, den er nun als Hoffaktor an seinem Hof installierte. Dass Karl Alexander einen Juden mit diesem wichtigen Amt betraute, war alles andere als ungewöhnlich. War das Finanzgeschäft doch seit dem Mittelalter Menschen jüdischen Glaubens vorbehalten: Sie durften weder ein Handwerk noch Landwirtschaft betreiben. Dafür waren sie nicht ans Zinsgebot gebunden und durften Geld verleihen.

Oppenheimers tägliches Arbeitspensum kann man sich kaum vorstellen in Anbetracht der immensen und vielfältigen Aufgaben. Er führte neue Ämter und Steuern ein, die Geld einbrachten, er pachtete die Stuttgarter Münze, gründete Monopole und Manufakturen, die er selbst verwaltete oder verpachtete, ordnete den Haushalt für die Hofhaltung neu und er besorgte seinem Herzog die begehrten Edelsteine. Vor allem aber war Oppenheimer zuständig für Verpflegung und Ausstattung des Militärs. Er gilt als einer der großen Heereslieferanten des 18. Jahrhunderts. Hinter diesen Großaufträgen steckte eine gewaltige Logistik: Güter wie Zelte und Nahrung wurden über weite Strecken in Ochsenwagen über unbefestigte Wege gekarrt.

Der multitalentierte Finanzrat stand hoch in der Gunst des Herzogs. Konnte er doch mit seinen vielfältigen Aktivitäten die Einnahmen der Staatskasse verdoppeln. Auch Oppenheimer selbst wurde dabei sehr reich — allerdings hatte er sämtliche Geschäfte auch auf eigenes Risiko getätigt. Der Herzog dankte ihm seine Dienste mit zahlreichen Privilegien. Für die Landstände aber, deren Einnahmen und Befugnisse durch die neuen Maßnahmen beschnitten wurden, und für all jene, die nun mehr Steuern bezahlen mussten, wurde Oppenheimer zum Hassobjekt.

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Jüdisches Leben im 18. Jahrhundert in Württemberg

Im 18. Jahrhundert gab es im Herzogtum Württemberg so gut wie kein jüdisches Leben mehr. 1498 war die „Ausschließung“ der Juden gesetzlich festgelegt worden, die im Wesentlichen mehr als dreihundert Jahre gültig blieb. Reichsstädte, Herrschaften und Fürstentümer vertrieben ihre sogenannten Schutzjuden, denen sie bis dahin gegen zusätzliche Steuern Aufenthalt gewährt hatten. Doch gab es Ausnahmen: Einige niedrigere Adlige nahmen Schutzjuden auf – zumeist aus finanziellen Erwägungen.

Ab 1710 durften sich dann vereinzelt Hofjuden in Stuttgart niederlassen. Sie entstammten der jüdischen Elite, fungierten als Hoflieferanten und Geldgeber und tätigten umfangreiche Geschäfte. Sie waren dem Herrscher und seiner Gerichtsbarkeit direkt unterworfen. Ihr Dienstverhältnis mit dem Herrscher war prinzipiell auf Dauer angelegt. Dennoch konnten sie nicht darauf zählen, langfristig im Land bleiben zu dürfen oder gar jüdische Gemeinden zu gründen, wie es sie in Frankfurt und Mannheim gab. Denn faktisch endete ihr Dienstverhältnis abrupt, wenn sie nicht mehr gebraucht wurden.

Als Emporkömmlinge blieben diese Bankiers am Hof Außenseiter und bekamen die antijudaistischen Ressentiments ihrer protestantischen Umgebung, den Neid und die Feindseligkeit der Landstände zu spüren. Zugleich fehlte ihnen der Rückhalt, den ihnen eine Gemeinschaft hätte geben können, da es keine größeren jüdischen Ansiedlungen mehr gab. Hofjuden kämpften auf einsamen Posten, stets abhängig von der Willkür des Monarchen.

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(Text: Angelika Brunke / Kathrin Wesely)