Die Tücken der Erinnerungskultur
Kritischer Gang am Volkstrauertag mit Bertram Maurer
Sonntag, 16. November 2025, 11:00 Uhr
Treffpunkt an der Aussegnungshalle des Waldfriedhofs.
Auf unserem letzten Kritischen Gang in diesem Jahr führt uns Bertram Maurer auf den Waldfriedhof. Geplant wurde der Waldfriedhof in Degerloch als ein Friedhof, der durch seine „Kaufgräber“ für wohlhabende Bürger attraktiv sein sollte. Bei seiner Eröffnung im September 1914 wurde er aber zunächst kein Reichenfriedhof, sondern ein reiner Soldatenfriedhof. Bis 1918 wurden dort mehr als 2.000 Offiziere und Soldaten bestattet. Damit wurde er zu einem Ort, wo sich bis heute Wandel und Schwierigkeiten der Erinnerungskultur manifestieren.
1923 wurde ein Ehrenhain angelegt, den Bonatz unter dem Stichwort „Waldkirche“ entworfen hatte, ein Rechteck mit einem aufgesetzten Halbkreis. Er sollte die getöteten Soldaten würdigen und tatsächlich dominierte in den 23 Tafeln, Stelen und Obelisken auf dem Ehrenhain die Selbstdarstellung der militärischen Einheiten. Bei den jährlichen Gedenkfeiern auf dem Waldfriedhof für die Kriegsopfer, die schon während des Ersten Weltkriegs stattfanden, blickte man nur auf die „Gefallenen“, ab 1933 auf die „Helden“.
Nach dem Zweiten Weltkrieg und zahllosen neuen Kriegsopfergräbern entwarf Bonatz einen formgleichen Ehrenhain für die Opfer des Zweiten Weltkriegs. Im Halbkreis des ersten Ehrenhains wurde 1953 die Plastik „Mutter Heimat“ von Fritz Graevenitz aufgestellt. Wie der Halbkreis im zweiten Ehrenhain gestaltet werden sollte, darüber dachte man in der Stadt jahrzehntelang nach. Zu sehen ist davon nur der 1969 aufgestellte 80 cm hohe Quader der Bildhauerin Eva Zippel. Der Rest der Überlegungen findet sich im Archiv.
Kulmination und Ende: Zur 50-jährigen Wiederkehr des Kriegsbeginns wollte die Stadt den Ort aufwerten zu einer zentralen Gedenkstätte nicht nur für Soldaten, sondern für alle Opfer des Zweiten Weltkriegs und des NS-Systems.
Den Gestaltungswettbewerb mit 64 Teilnehmer:innen gewann der Urbacher Bildhauer Hüseyin Altin. OB Rommel teilte ihm 1988 auf Nachfrage mit, dass derzeit keine Möglichkeit bestehe, seinen Entwurf zu verwirklichen. Gründe nannte er keine, sie finden sich auch nicht im Archiv.
Sonntag, 16. November 2025, 11 Uhr
Treffpunkt: Waldfriedhof, Aussegnungshalle
Um Anmeldung per E-Mail wird gebeten!