PM 5.7.23: Ein Platz für Joseph-Süß-Oppenheimer!
Der Stuttgarter Gemeinderat hat in seinen Ausschüssen am 4. und 5. Juli 2023 die Sanierung und den Bau einer Erinnerungsstätte auf dem nach Joseph Süß Oppenheimer benannten Platz in Stuttgart-Mitte beschlossen.
Dieser Beschluss ist das glückliche Ende eines lange währenden städtebaulichen und gedenkpolitischen Missstandes.
Joseph Süß Oppenheimer, der Finanzberater jüdischer Abstammung am Württembergischen Hof, wurde 1738 wider jedes Recht öffentlich und demütigend hingerichtet. Mehr als 10 000 Gaffer genossen sein elendes Sterben als Spektakel. Gleich nach seinem Tod wurden weitere jüdische und fremdländische Menschen aus Stuttgart vertrieben.
Um an diesen Tiefpunkt der Stuttgarter Stadtgeschichte zu erinnern, stellten die Grünen im Gemeinderat den Antrag, einen städtischen Ort nach ihm zu benennen. Dem wurde tatsächlich stattgegeben: Ignatz Bubis, Vorsitzender des Zentralrats der deutschen Juden, weihte den Platz nahe der Münze in der Turmstraße 1, die Oppenheimer einst betrieb, am 15.10.1998 ein – vor 25 Jahren also!
Die Stadtverwaltung sicherte ihm zu, sich um den unwirtlichen Platz zu kümmern. Denn kritische Stimmen empfanden die Ehrung an diesem Ort als erneute Schmähung.
Die Stiftung Geißstraße, die sich nach dem Brandanschlag auf das Haus Geißstraße 7 erinnerungspolitisch engagiert, kümmerte sich mit überschaubarem Erfolg um die Belebung des schwierigen Platzes.
Nachdem nun 2023 die Voraussetzungen für eine Platz-Neugestaltung seitens der Stadt gegeben waren, konnte sich die Stiftung endlich aktiv in die laufenden Planungen mit einbringen. Sie bot ihre Mitarbeit für die Gestaltung eines ansprechenden, interaktiven und dadurch aktuellen Erinnerungsortes an.
Parallel zu den Planungen initiierte sie die Veranstaltungsreihe „Ein Platz für Joseph Süß Oppenheimer“, an der sich viele erinnerungspolitisch aktiven Institutionen in Stuttgart mit stadtgeschichtlichen oder wissenschaftlichen Veranstaltungen über das Jahr 2023 hinaus beteiligen.


Unsere Absicht und Hoffnung ist es, dass der Joseph-Süß-Oppenheimer-Platz zu einem angenehmeren Aufenthaltsort in der City wird.
Aber auch zu einem Ort, an dem nachgedacht werden kann. Das Schicksal des „Jud Süß“ genannten und geschmähten Joseph Süß Oppenheimers zeigt, wie ein faszinierender Mensch zur zentralen Hassfigur antisemitischer Projektionen über die Jahrhunderte hinweg werden konnte. Und wie eine Stadtgesellschaft ohne strenge Rechtlichkeit und humanitäre Grundsätze zum Helfershelfer staatlich organisiertem Totschlag werden kann.
Joseph Süß Oppenheimer wurde seiner jüdischen Abstammung wegen zum politischen Opfer und zur Projektionsfläche antisemitischer Vorurteile. Der Antisemitismus hatte schreckliche Folgen in den letzten Jahrhunderten.
Wir sollten alles tun, um diese Ideologie praktisch zu widerlegen, die hinter Anschlägen wie auf die Synagoge in Halle oder hinter tagtäglichen antisemitischen Straftaten steht – auch in Baden-Württemberg.

Weitere Informationen finden Sie auch auf der Seite zum Projekt.